Eine Reise ins Ungewisse …
… ins Freie, ins gefährliche Abenteuer, davon erzählt das schwedische Ehepaar Thomas und Anna-Clara Tidholm in Die Eisreise. Es ist Winter und Max, Jock und Ida, die Ich-Erzählerin, gehen zum Vogelbeerbach. Von Bach kann gar keine Rede mehr sein, so unheimlich angeschwollen, wie Anna-Clara ihn zeichnet, mit hurtigen, weißen Strömungslinien im Schwarz. Die drei wirken daneben recht klein, doch das schreckt sie nicht. Als sie eine Eisscholle auf dem Bach betreten, reißt sie ab, es gibt kein Zurück mehr. Die Kinder treiben in einen Fluss und von da immer weiter ins Meer und ins Eis, mitten in die ungezähmte Natur.
Berührend ist, wie Thomas Tidholm von dieser kindlichen Verlorenheit erzählt, unpathetisch, dennoch mitfühlend und mit sanftem Humor. Wie er ihre Versuche und ihren Willen, in einer feindlichen Landschaft aus riesigen Packeisflächen zu überleben, schildert – Angst, Hoffnung, Verzagen und sich wieder Aufrappeln. (…)
Berührend ist ebenfalls, wie Anna-Clara Tidholm das zeichnerisch umsetzt. Wie sie die hungrigen Kinder in einer Eishöhle zeigt, wo sie ihre vergessenen Brote essen. Auf einer lebensgefährlichen Wanderung, schließlich eng zusammengekuschelt, um nicht zu erfrieren. (…)
Vielleicht haben die Kinder diese Eisreise nur ausgedacht, nur geträumt. Doch vieles daran ist wahr: Oft braucht es den ganzen Mut, die ganze Ausdauer und Erfindungsgabe, um dort zu landen, wo man hin möchte. Manchmal muss man arg über sich hinauswachsen.
Ruth Rousselange
(mehr dazu im Eselsohr 12/2021, S. 22)