Bilder einer Flucht
Im Wimmelbuch Migrar – Weggehen begleiten wir nun einen namenlosen Jungen, der gemeinsam mit seiner Mutter und Schwester die mexikanische Heimat verlässt, um den Vater zu suchen. Der war der Familie vor längerer Zeit vorausgegangen, um in den Staaten Glück und Arbeit zu finden. Doch bald blieben die monatlichen Zahlungen aus und die Familie drohte zu verhungern.
In wenigen Zeilen und eher sachlichem Ton lässt Autor José Manuel Mateo den Jungen von den Stationen der anstrengenden Reise erzählen – auf einer Seite in Deutsch, auf der anderen in Spanisch. Daneben dokumentieren die zum Leporello ausklappbaren Schwarz-Weiß-Zeichnungen von Javier Martínez Pedro den Weg der Familie vom mexikanischen Dorf bis hin nach Los Angeles – und lehnen sich damit bewusst an die Tradition der aztekischen Bilderhandschriften an. Scheinbar kindlich-naiv und ohne auf Proportionen oder Perspektiven Rücksicht zu nehmen, reiht sich hier ein zum Bersten voll gestaltetes Bild an das nächste. Allerdings täuschen die an Wimmelbücher für kleine Kinder erinnernde Gestaltung der Bilder und der schlichte Text nicht über den Tiefgang hinweg, den die Story auf den zweiten Blick für ältere Leser bereithält ...
Heike Byn
(mehr im Eselsohr 02/2016, S. 16)