Bücher und Langeweile – ein Dreamteam und unverzichtbar!
„Kinder brauchen Langeweile!“ – mit dieser Message möchte man eigentlich ganze Innenstädte zupflastern – Haltestellen, U-Bahn-Monitore, Banner, Schaufenster, Reklamewände, Litfaßsäulen … Damit auch niemand daran vorbeizuschauen vermag. Denn eigentlich ist es ja ein Gemeinplatz: Langeweile ist ein unverzichtbarer Treiber der kindlichen Entwicklung. Wenn Kinder sich langweilen und auf sich selbst zurückgeworfen sind (ohne unterhaltende/ablenkende Erwachsene, Bildschirme etc.), müssen sie selbst kreativ und aktiv werden, um diesen ihnen unangenehmen Zustand zu überwinden. Sie müssen sich selbst etwas einfallen lassen. Dafür müssen sie sich überlegen, was sie interessiert und anregt.
Dennoch scheint die Luft für Langeweile immer dünner zu werden in der modernen Gesellschaft. Warum? Kinder, die sich langweilen, nerven erstmal. Wen? In Ermangelung anderer Kinder die Erwachsenen im Einzugsbereich. Diese sind versucht, die Plagegeister möglichst rasch wieder loszuwerden – haben sie doch selbst noch ach so viel zu erledigen –, und greifen zu schnellen Lösungen. (...)Inzwischen sind Kinder – aber nicht nur sie – von Ablenkung und Unterhaltung nur so umzingelt.
Was alles Unerhörtes passieren kann, wenn Langeweile sich mal so richtig austoben darf, zeigen Jonny Bauer und Stephan Lomp in Fang. Darko ist passionierter Tierforscher und entsprechend gegenwärtiger Sitte geradezu profimäßig für sein Hobby ausgestattet, inklusive Spezialkleidung, Werkzeuge und Hilfsmittel für alle, aber auch alle Fälle. Heute kommt er aber trotz allem nicht am Gatekeeper im wahrsten Sinne des Wortes vorbei: Mama steht breit in der Tür und schüttelt den Kopf: „Bei dem Regen gehst du nicht nach draußen. Du holst dir ja den Tod.“ (...)
Es folgt ein übersprudelndes Feuerwerk der Farben und der Fantasie. Immer wilder treiben sie es und sorgen dafür, dass die Wartezeit für Darko wie im Fluge vergeht. Fang erzählt nicht nur von ganz besonderen Anglerfreuden, es ist ein kolossales Vorlesevergnügen nicht nur für Regentage. Am Ende klappen wir wie Darko das Buch zu und freuen uns auf den nächsten Regen- oder einfach Vorlesetag.
Sylvia Mucke
(mehr dazu im Eselsohr 02/2023, S. 7)