Geschichtenteppich
2015 gelang Luna Al-Mousli mit ihrer Abschlussarbeit an der Wiener Universität für Angewandte Kunst ein Überraschungserfolg: Ihr handgebundenes Büchlein Eine Träne. Ein Lächeln. (Weissbooks) versammelte auf Deutsch und Arabisch 44 Miniaturen über ihre Kindheit in Damaskus. Es wurde mehrfach ausgezeichnet und war im Nu vergriffen. (...)
Als Oma, Gott und Britney sich im Wohnzimmer trafen oder Der Islam und ich liest sich als eine Art Fortsetzung – in der die Miniaturen zu kleinen Erzählungen herangewachsen sind. Dass dies zulasten der Zweisprachigkeit geht, ist schade, angesichts des Umfangs aber nachvollziehbar. Dafür gibt es wieder Illustrationen: Vom Telefon, über das man angeblich Gott erreicht, über Britney-Spears-Kassetten, eine Gebetskette und eine Vase bis hin zum kontaktfreudigen Papagei Modi ihrer Tante Amal visualisiert Al-Mousli zentrale Elemente ihrer Geschichten – und setzt diese auf der letzten Doppelseite zu einem opulenten Teppichmuster zusammen.
Das Gestaltungselement spiegelt sich auf der Textebene: Auch die kleinen Erzählungen fügen sich zum großen, stimmigen Bild. Al-Mousli übernimmt dabei die naive Perspektive des Kindes von einst, für das sich die Geschichten aus dem Koran so spannend anhören wie die von Superhelden wie Batman und Co. Sie erinnert sich, wie sie mit ihrer Cousine Laila während des Ramadans heimlich Sandwichs isst. Unter den Augen Gottes, der verstehen würde, „wie schwer Fasten und wie groß unser Hunger war“.
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Tina Rausch
(mehr dazu Eselsohr 03/2019, S. 29)