Perspektiven-Concerto für drei Stimmen
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Den Roman durchweht vom ersten Satz an ein Geheimnis. Man wird als Leser das Gefühl nicht los, dass am Horizont Unheil aufzieht und hat auch schon ziemlich genaue Vorstellungen, wie es aussehen wird. Bald ertappt man sich dabei, wie man auf den großen Knall wartend, die Schultern anspannt. Dennoch überrascht die Autorin ihre Leser, nicht durch plötzliche Wendungen, sondern durch eine sich allmählich einschleichende Wandlung. Stück für Stück und ganz langsam dreht sich die Stimmung, verändern sich die Rollen der Beteiligten, perfekt gespiegelt in den subtil und zunächst kaum bemerkbar ebenfalls veränderten Wortmeldungen. Am Ende müssen wir alles Geschehene noch einmal in dem neuen Licht betrachten.
April Genevieve Tucholke spielt mit unseren Erwartungen und Konzepten und verwendet sie geschickt gegen uns. Sie ist eine Meisterin der Stimmungen, Ahnungen und Zwischentöne und macht den Roman zu einem bis ins kleinste Detail durchkomponierten Kunstwerk – eben ein Concerto für drei Stimmen.
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Sylvia Mucke
(mehr im Eselsohr 05/2017, S. 25)