Schau hin!
„Am Morgen fanden die Inselbewohner einen Mann am Strand, (…) Er war nicht wie sie.“ Ein Mensch, völlig nackt, nicht einmal Körperbehaarung schützt ihn. Allein ist er und ohne jede Habe; nur sein Schatten begleitet ihn. Armin Greder fordert in seinem Bilderbuch Die Insel vom Leser: Schau hin! Sieh nicht weg! Dem schutzlosen Ankömmling tritt eine Gruppe von Inselbewohnern entgegen. Mit grobem Strich zeichnet Greder eine Festung Mensch, verwundert starrend, manche argwöhnisch abgewandt, andere entschlossen bewaffnet. „Sie fragten sich, warum er hierhergekommen sei. Was er hier wolle.“
Sie geraten in Streit darüber, ob er verpflegt, beherbergt oder besser weggeschickt werden soll.
(...)
Die Inselbewohner nehmen den Mann auf. Sperren ihn in einen ungenutzten Stall und vernageln die Tür. Dann gehen sie ihrem gewohnten Alltag nach – bis eines Tages der Mann im Dorf erscheint … Diese Parabel zum Thema Menschlichkeit, erstmals 2002 erschienen und nun mit einem höchst aktuellen Nachwort versehen, wird 2015 zu einer literarischen Dokumentation einer sich durch Krieg und Flucht rasant verändernden Welt.
Karin Gruß
(mehr im Eselsohr 11/2015, S. 16)